Darf man beim Intervallfasten Kaugummi kauen?

Dieser Artikel basiert auf wissenschaftlichen Studien

Intervallfasten 16/8 | Abnehmen | Kaugummi kauen | zuckerfreie Bonbons

Obwohl das Intervallfasten eine simple Ernährungsweise ist, entstehen insbesondere am Anfang immer wieder knifflige Fragen.

Dementsprechend ist eine der häufigsten Fragen meiner Leser: „Darf man beim Intervallfasten Kaugummi kauen?“

Dabei handelt es sich auf den ersten Blick um eine einfache Frage. Dennoch müssen wir uns für die Beantwortung wesentliche Mechanismen des Fastens im Körper ansehen.

Was ist Intervallfasten 16/8?

Beim intermittierenden Fasten oder Intervallfasten wird nur innerhalb einer bestimmten Zeitspanne gegessen. Die restliche Zeit des Tages wird gefastet.

Obwohl es verschiedene Formen des Intervallfastens gibt, ist die beliebteste das Fasten über einen 16-stündigen Zeitraum.

Daher darfst du beim 16/8 Intervallfasten nur während eines durchgehenden Zeitfensters von 8 Stunden am Tag essen, z. B. von 12:00 bis 20:00 Uhr.

Um beurteilen zu können, ob man beim Intervallfasten Kaugummi kauen darf, müssen wir zuerst eruieren, warum wir überhaupt fasten wollen.

Kurz gesagt gibt es zwei wesentliche Gründe für das Intervallfasten:

  • Abnehmen
  • Autophagie

Dabei ist das hormonelle Gleichgewicht unseres Körpers für beide Ziele maßgeblich.

Abnehmen

Es gibt einen guten Grund, warum Menschen mit Intervallfasten erfolgreich abnehmen können. Fasten ist die effektivste Methode, den Insulinspiegel zu senken.

Als wesentliches Speicherhormon ist Insulin dafür verantwortlich, Zellen zu signalisieren Glukose aus dem Blutkreislauf aufzunehmen sowie überschüssige Energie als Fett oder Glykogen zu speichern.

Dementsprechend können Forscher 75% der Zu- und Abnahme übergewichtiger Menschen mit Hilfe des Insulinspiegels vorhersagen (Kong et al. 20131).

Außerdem kann Insulin den Abbau von Körperfett verhindern (Meijssen et al. 20012).

Der 16-stündige Fastenintervall, stoppt die Nährstoffzufuhr, senkt den Insulinspiegel und beendet so den Speichermodus im Körper.

Dann kann der Körper beginnen, die Kohlenhydratspeicher (Glykogen) abzubauen. Sobald sie leer sind, kann Körperfett zur Energiegewinnung verbrannt werden.

So liegt es in der Natur unseres Körpers in Zeiten des Überflusses Fettreserven aufzubauen, um in Zeiten von Engpässen von diesem Körperfett zu zehren.

Nachdem wir heute jedoch zu jeder Jahreszeit rund um die Uhr essen, nehmen wir zu. Deshalb kann Intervallfasten das natürliche Gleichgewicht zwischen Essen und Fasten wiederherstellen.

Dadurch wird auch das hormonelle Ungleichgewicht bereinigt, das Übergewicht verursacht (Lustig 20013).

Bricht Kagummi das Fasten?

Autophagie

Der zweite wesentliche Treiber für die gesundheitliche Wirkung des Fastens ist die Autophagie.

Wenn Nahrung knapp ist startet dieses intrazelluläre Recyclingsystem, das kaputte Zellteile abbaut und Giftstoffe aus dem Körper leitet.

Dabei ist die gesundheitliche Wirkung der Autophagie dermaßen bahnbrechend, dass sie 2016 mit dem Nobelpreis für Medizin belohnt wurde (Levine et al. 20174).

Doch wie wird Autophagie ein- und ausgeschaltet?

Zu diesem Zweck existieren drei wesentliche Nährstoffsensoren in unserem Körper:

  • Insulin: Reagiert auf Kohlenhydrate und Proteine
  • mTOR: Reagiert auf Proteine
  • AMPK: Reagiert auf Energiemangel in Zellen

Dabei reagiert AMPK dann, wenn Zellen Energie zugeführt wird – egal von welchem Makronährstoff. Aus diesem Grund verhindert neben Kohlenhydraten und Proteinen auch Fett die Autophagie.

Dabei aktivieren sowohl AMPK als auch Insulin wiederum mTOR, weshalb dieses für Wachstum essenzielle Enzym als der primäre Nährstoffsensor bezeichnet wird.

Sobald Du isst stellt er Nährstoffverfügbarkeit fest und setzt die Autophagie außer Kraft.

Wird die Nährstoffzufuhr jedoch länger unterbrochen, wollen Zellen nachhaltig reagieren und defekte Zellteile zur Energiegewinnung heranziehen.

Nachdem das Speicherhormon Insulin neben dem Abnehmen auch für die Autophagie maßgeblich ist, setzt der Recyclingmechanismus den Maßstab.

Wenn du die Autophagie deaktivierst, brichst du das Fasten.

Darf man beim Intervallfasten Kaugummi kauen?

Herkömmlicher Kaugummi ist beim Intervallfasten nicht erlaubt. Kaugummi mit Zucker bricht das Fasten.

Manche Menschen nutzen Kaugummi, um das Bedürfnis nach Kauen zu befriedigen, andere wollen damit den Hunger zügeln oder einen frischeren Atem bekommen.

Nachdem Kaugummi erstens nicht geschluckt und verdaut wird und zweitens einen überschaubaren Nährwert vorweist, dürfte er das Intervallfasten kaum beeinflussen können.

Doch ist die Schlussfolgerung so einfach?

Da wir nun wissen, dass jeder Makronährstoff in der Lage ist, das Fasten zu brechen, müssen wir uns das Nährstoffprofil eines Kaugummis ansehen.

Ein durchschnittliches Stück Kaugummi wiegt etwa 3 g und liefert folgende Makronährstoffe (*):

  • Fett: 0 g
  • Eiweiß: 0 g
  • Kohlenhydrate: 2,1 g
  • Davon Zucker: 2 g

Zwei Gramm Zucker mögen auf den ersten Blick vernachlässigbar aussehen. Dennoch bedeutet das, dass ein Stück Kaugummi zu zwei Dritteln aus Zucker besteht, den wir im Laufe des Kauens verzehren.

Dabei müssen wir vermerken, dass gerade Zucker Blutzucker- und Insulinspiegel in astronomische Höhen treiben kann.

Gerade wenn es ums Abnehmen geht, ist das Speicherhormon der ausschlaggebende Nährstoffsensor. Dementsprechend schaltet Insulin in unserem Körper von Fettverbrennung auf Fettspeicherung um.

Daher ist Kaugummi mit Zucker beim Intervallfasten nicht erlaubt. Ebenso ist Kaugummi beim Heil- und Wasserfasten nicht erlaubt.

Nachdem diese Fastenmethoden meist über ein längeres Zeitfenster mit dem Ziel, Autophagie zu maximieren, betrieben werden, ist Zucker ein No-Go.

Die Anhänger des strikten Autophagie-Fastens beschränken die Einnahme auf Wasser und Salz bzw. andere Elektrolyten. Dementsprechend ist auch Mineralwasser eine legitime Option, da es ein Mischung Salz und Elektrolyten darstellt.

Wenn Zucker ein Problem beim Fasten darstellt, ist dann die Situation bei zuckerfreien Optionen anders?

Darf man beim Intervallfasten zuckerfreien Kaugummi kauen?

Zuckerfreier Kaugummi bewegt sich beim Intervallfasten in einer Grauzone. Damit Kaugummi ohne Zucker den charakteristischen Geschmack behält, werden stattdessen diverse Süßstoffe verwendet.

Der Großteil künstlicher und natürlicher Süßstoffe, ist darauf ausgelegt, dass er nicht nur zuckerfrei, sondern auch kalorienfrei ist.

Deshalb liefern nicht-nutritiven Süßstoffe den süßen Geschmack ohne Kohlenhydrate. Können Süßstoffe somit überhaupt das Fasten brechen?

Mangels der fehlenden Makronährstoffe sollte der zuckerfreie Süßstoff keinen Anstieg des Blutzuckerspiegels verursachen.

Doch es kommt nur auf den Blutzuckerspiegel an?

Was immer wieder vergessen wird, ist, dass nicht nur auf den Blutzuckerspiegel selbst, sondern auf das Speicherhormon Insulin ankommt.

Folgerichtig zieht hoher Blutzucker einen erhöhten Insulinspiegel nach sich, da es wesentliche Aufgabe des Hormons ist, den Blutzucker wieder zu senken.

Nichtsdestotrotz gibt es Wege, die Insulinsekretion zu aktivieren, ohne den Blutzucker zu erhöhen. Süßstoffe sind einer davon.

Laut aktuellen Studien wirken sich Aspartam, Acesulfam K, Sucralose, oder auch Stevia und Mönchsfrucht-Extrakt auf die Insulinproduktion aus (Liang et al. 19875; Pepino et al. 20136; Tey et al. 20177).

Obwohl sie die Sekretion des Speicherhormons nicht bei jedem Menschen gleich stimulieren, brechen diese künstlichen und natürlichen Süßungsmittel technisch gesehen das Fasten.

Darüber hinaus sind Zuckeralkohole wie Xylitol meist nicht kalorienlos, regen die Verdauung an und können ebenso das Fasten brechen (Natah et al. 19978).

Unterm Strich bewegt sich zuckerfreier Kaugummi aufgrund der geringen Dosierung gerade noch in einer Grauzone. Autophagie hat keinen analogen Ein- und Ausschaltknopf.

Könnte sie durch das Kauen eines zuckerfreien Kaugummis beeinträchtigt werden? Ja.

Wird ein zuckerfreier Kaugummi sämtliche Ergebnisse zerstören? Nein.

Kann mich ständiges Kauen von zuckerfreiem Kaugummi beim Intervallfasten am Abnehmen hindern? Ja.

Aus diesem Grund würde ich nur ausnahmsweise zu zuckerfreiem Kaugummi greifen. Überdies sind Mineralwasser, grüner Tee oder schwarzer Kaffee meiner Erfahrung nach besser vertretbare Mittel, die den Appetit zügeln können.

Sind zuckerfreie Bonbons beim Intervallfasten erlaubt?

Ein herkömmliches Bonbon besteht beinahe zu 100% aus Kohlenhydraten (*). Ob Bonbons mit Zucker das Fasten brechen, müssen wir somit nicht weiter besprechen.

Dementsprechend haben Bonbons nur eine wesentliche Aufgabe: Sie liefern den Konsumenteninnen extrem süßen Geschmack.

Aus diesem Grund benötigt ein Stück Bonbon auch weitaus mehr Süßstoff als ein Stück Kaugummi. Nachdem bereits zuckerfreier Kaugummi technisch gesehen das Fasten bricht, sind zuckerfreie Bonbons beim Intervallfasten nicht erlaubt.

Sind zuckerfreie Bonbons beim Intervallfasten erlaubt?

Im Gegensatz zum Kaugummi erfüllen sie auch keine andere Aufgabe wie das Bedürfnis, etwas im Mund zu haben oder zu kauen, was manchen Menschen vielleicht psychologisch wichtig sein könnte.

Zusammengefasst schürt die geballte Ladung Süßstoff in zuckerfreien Bonbons den Heißhunger stärker, als es Kaugummi je könnte.

Darauf deuten immer mehr Studien hin, die sich mit Nahrungsmittelbelohnungswegen beschäftigen.

Kurz gesagt fehlt aufgrund des Mangels an Kalorien bei Süßstoffen die Belohnungskomponente, was erst richtig Heißhunger auf Süßes macht (Yang 20109).

Aus diesem Grund mussten auch weitere Studien feststellen, dass der Konsum von intensiven Süßstoffen aufgrund des erhöhten Appetits insgesamt nicht zur gewünschten Kalorienreduktion führt (Bellisle et al. 200710).

Meine Erfahrungen

Nachdem Kaugummi zum Großteil aus Zucker besteht, ist er weder beim Heil- noch beim Intervallfasten erlaubt. Obwohl er technisch gesehen das Fasten bricht, ist das Ergebnis bei zuckerfreiem Kaugummi nicht so eindeutig.

Süßstoffe können die gesundheitliche Wirkung und das Abnehmen beim Intervallfasten beeinträchtigen. Allerdings ist die Menge in einem Kaugummi so gering, dass sie wahrscheinlich keinen ausschlaggebenden Unterschied macht.

Wenn Kaugummi ein essenzieller psychologischer Faktor ist, der dir das Intervallfasten enorm erleichtert, dann ist das vertretbar. Nichtsdestotrotz sollte Kaugummi zuckerfrei sein und nicht in großen Mengen konsumiert werden.

Wenn du Kaugummi kaust und beim Intervallfasten deine Ziele nicht erreichst, würde ich ihn jedenfalls weglassen.

Ähnliches Thema: Darf man beim Intervallfasten Rauchen?

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was unterbricht das Intervallfasten?

Der Verzehr jedes Makronährstoffs unterbricht das Intervallfasten – Fett, Proteine, Kohlenhydrate. Darüber hinaus unterbricht auch eine Insulinreaktion, wie z. B. durch kalorienlosen Süßstoff, das Intervallfasten.

Welche Kaugummis beim Intervallfasten?

Derzeit gibt es keinen 100% fastensicheren Kaugummi am Markt. Die besten Alternativen sind plastikfreie, biologisch abbaubare Kaugummis.

Warum kein Kaugummi beim Intervallfasten?

Auch zuckerfreie Kaugummis enthalten Zuckeralkohole wie Xylit, die vom Körper teilweise verstoffwechselt werden und das Fasten brechen können.

Bricht Kaugummi das Fasten?

Technisch gesehen brechen selbst zuckerfreie Bio-Kaugummis das Fasten, weil alle Xylit enthalten, der teilweise verdaut wird.

Studien

#1-6

1Kong LC, Wuillemin PH, Bastard JP, Sokolovska N, Gougis S, Fellahi S, Darakhshan F, Bonnefont-Rousselot D, Bittar R, Doré J, Zucker JD, Clément K, Rizkalla S. Insulin resistance and inflammation predict kinetic body weight changes in response to dietary weight loss and maintenance in overweight and obese subjects by using a Bayesian network approach. Am J Clin Nutr. 2013 Dec;98(6):1385-94. doi: 10.3945/ajcn.113.058099. Epub 2013 Oct 30. PubMed PMID: 24172304.

2Meijssen S, Cabezas MC, Ballieux CG, Derksen RJ, Bilecen S, Erkelens DW. Insulin mediated inhibition of hormone sensitive lipase activity in vivo in relation to endogenous catecholamines in healthy subjects. J Clin Endocrinol Metab. 2001 Sep;86(9):4193-7. doi: 10.1210/jcem.86.9.7794. PubMed PMID: 11549649.

3Lustig RH. The neuroendocrinology of childhood obesity. Pediatr Clin North Am. 2001 Aug;48(4):909-30. doi: 10.1016/s0031-3955(05)70348-5. Review. PubMed PMID: 11494643.

4Levine B, Klionsky DJ. Autophagy wins the 2016 Nobel Prize in Physiology or Medicine: Breakthroughs in baker’s yeast fuel advances in biomedical research. Proc Natl Acad Sci U S A. 2017 Jan 10;114(2):201-205. doi: 10.1073/pnas.1619876114. Epub 2016 Dec 30. PubMed PMID: 28039434; PubMed Central PMCID: PMC5240711.

5Liang Y, Steinbach G, Maier V, Pfeiffer EF. The effect of artificial sweetener on insulin secretion. 1. The effect of acesulfame K on insulin secretion in the rat (studies in vivo). Horm Metab Res. 1987 Jun;19(6):233-8. doi: 10.1055/s-2007-1011788. PubMed PMID: 2887500.

6Pepino MY, Tiemann CD, Patterson BW, Wice BM, Klein S. Sucralose affects glycemic and hormonal responses to an oral glucose load. Diabetes Care. 2013 Sep;36(9):2530-5. doi: 10.2337/dc12-2221. Epub 2013 Apr 30. PubMed PMID: 23633524; PubMed Central PMCID: PMC3747933.

#7-10

7Tey SL, Salleh NB, Henry J, Forde CG. Effects of aspartame-, monk fruit-, stevia- and sucrose-sweetened beverages on postprandial glucose, insulin and energy intake. Int J Obes (Lond). 2017 Mar;41(3):450-457. doi: 10.1038/ijo.2016.225. Epub 2016 Dec 13. PubMed PMID: 27956737.

8Natah SS, Hussien KR, Tuominen JA, Koivisto VA. Metabolic response to lactitol and xylitol in healthy men. Am J Clin Nutr. 1997 Apr;65(4):947-50. doi: 10.1093/ajcn/65.4.947. PubMed PMID: 9094877.

9Yang Q. Gain weight by “going diet?” Artificial sweeteners and the neurobiology of sugar cravings: Neuroscience 2010. Yale J Biol Med. 2010 Jun;83(2):101-8. PMID: 20589192; PMCID: PMC2892765.

10Bellisle F, Drewnowski A. Intense sweeteners, energy intake and the control of body weight. Eur J Clin Nutr. 2007 Jun;61(6):691-700. doi: 10.1038/sj.ejcn.1602649. Epub 2007 Feb 7. PMID: 17299484.

Mag. Stephan Lederer, Bakk., MSc, ist ein Autor und Blogger aus Österreich, der fundierte Inhalte über Gesundheit und Ernährung verfasst. Seine Buchreihe über Intervallfasten landete in 15 Kategorien auf Platz 1 der Bestsellerliste auf dem deutschen Amazon-Marktplatz.

Stephan ist ein echter Mann der Wissenschaft, der mehrere Diplome und Master-Abschlüsse in verschiedenen Fachbereichen erlangen konnte. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Lücke zwischen konventionellen Weisheiten und wissenschaftlichen Erkenntnissen zu schließen. Er überprüft Inhalte und Quellen dieses Blogs auf Aktualität und Richtigkeit.

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