Phytinsäure neutralisieren: Lebensmittel und Wirkung

Phytinsäure ist ein Antinährstoff, den du ausschließlich in pflanzlichen Lebensmitteln findest. Du wirst erstaunt sein, in wie vielen Nahrungsmitteln des täglichen Lebens dieser Stoff enthalten ist. Die wesentliche Wirkung von Phytinsäure ist, dass sie die Aufnahme von Mineralstoffen und Proteinen sowie Verdauungsenzyme blockiert.

In diesem Artikel erfährst du, wie viel Phytinsäure zu viel ist, in welchen Lebensmitteln du sie findest und wie du sie neutralisieren kannst.

Phytinsäure | Lebensmittel | Wirkung | Symptome | Tabelle | Neutralisieren

Was ist Phytinsäure?

Phytinsäure ist eine Verbindung, die in hohen Mengen in Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Getreide und Ölsaaten enthalten ist.

Das wesentliche Merkmal der Phytinsäure ist, dass sie Mineralstoffe und Proteine binden kann. Weil sie dadurch die Nährstoffaufnahme verhindert, wird sie auch als Antinährstoff bezeichnet.

Sie kommt in der Natur in Form von Phytat vor. Phytat ist das Salz der Phytinsäure, das Pflanzen als Speicherform von Phosphor dient.

Wenn Phytinsäure an einen Mineralstoff oder Protein bindet, entsteht Phytat.

Welche Lebensmittel enthalten Phytinsäure?

Phytinsäure kommt nur in Lebensmitteln vor, die aus Pflanzen stammen.

Weil es für Fortpflanzung und Wachstum von Pflanzen unerlässlich ist, findest du hohe Konzentrationen in deren Samen.

Alle essbaren Samen, Körner, Hülsenfrüchte und Nüsse enthalten Phytinsäure. Auch Wurzeln und Knollen können signifikante Mengen enthalten (Gibson et al. 20101).

Getreide und Hülsenfrüchte haben viel Phytinsäure

Wirkung von Phytinsäure

Phytinsäure verhindert die Aufnahme von Eisen, Kalzium, Magnesium, Zink und Proteinen (Sarkhel et al. 20222).

Lebensmittel mit Phytinsäure verringern die Bioverfügbarkeit dieser Nährstoffe aus einer Mahlzeit.

Wenn du zum Beispiel Muscheln mit einem Linsensalat isst, reduzieren die Linsen die Eisenaufnahme des Körpers aus den Muscheln. Dieser Effekt ist jedoch nicht von Dauer.

Isst du zwei Stunden später Käse, wird die Zinkabsorption aus dem Käse, nicht mehr von den Phytaten aus den Linsen gehemmt.

Nimmst du jedoch mit jeder Mahlzeit größere Mengen an Phytaten zu dir, kann sich mit der Zeit ein Mineralstoffmangel entwickeln.

Weil Phytat nur in Pflanzen vorkommt, müssen insbesondere Vegetarier und Vegane auf Phytinsäure in Lebensmitteln achten.

Studien zeigen, dass durch eine vegetarische Ernährung durchaus ebenso viel Eisen zugeführt werden kann, wie mit einer Ernährung, die Fleisch beinhaltet.

Die Absorptionsraten sind jedoch deutlich geringer. Bei derselben absoluten Eisenzufuhr konnten Frauen, die tierische Produkte aßen insgesamt sechsmal so viel Eisen Aufnehmen als jene, die sich vegetarisch ernährten.

Der wesentlichste Faktor für die verringerte Bioverfügbarkeit von Eisen und Zink aus vegetarischen Ernährungsweisen ist Phytinsäure (Hunt et al. 20033).

In einer Studie an deutschen veganen Frauen unter 50 wurde bei 42% der Teilnehmerinnen ein Eisenmangel festgestellt. Der Mangel entstand, obwohl sie mehr als den empfohlenen Tagesbedarf an Eisen aus Früchten, Gemüse und Getreideprodukten zuführten (Waldmann et al. 20044).

Kann Phytinsäure Verdauungsprobleme verursachen?

Phytinsäure kann Verdauungsprobleme, Blähungen und Bauchschmerzen verursachen, weil sie Verdauungsenzyme hemmt.

Der menschliche Darm ist nicht dafür geschaffen, Phytate zu verarbeiten. Sie durchläuft unseren Verdauungstrakt und stiehlt auf dem Weg zum Dickdarm Mineralien.

Forscher haben außerdem festgestellt, dass Phytat aus der Nahrung den Magen-Darm-Trakt sowie die Regulierung des Wachstums bei Masthähnchen beeinflusst (Liu et al. 20095).

Hemmt Phytinsäure die Eisenaufnahme?

Phytinsäure hemmt die Aufnahme von Eisen aus der Nahrung (Gibson et al. 20106).

Außerdem deuten Studien darauf hin, dass ballaststoffreiche Pflanzen die Eisenaufnahme bei Frauen verringern, während Vitamin C dabei helfen kann (Peneau et al. 20087).

Beeinträchtigt Phytinsäure die Kalziumabsorption?

Phytinsäure reduziert die Kalziumaufnahme (Prynne et al. 20108).

Reduziert Phytinsäure die Zinkaufnahme?

Phytinsäure hemmt die Aufnahme von Zink aus Lebensmitteln (Gibson et al. 20109).

Unverträglichkeit: Symptome von zu viel Phytinsäure

Blähungen und Bauchschmerzen sind die ersten Anzeichen von zu viel Phytinsäure.

Menschen die an Magenproblemen oder Mineralstoffmangel leiden, sollten eventuell die Zufuhr von Phytinsäure aus Lebensmitteln einschränken.

Sie bildet unlösliche Verbindungen mit Mineralien, Proteinen, Enzymen und Stärke (Silva et al. 201610).

Weil dadurch die tägliche Aufnahme von Proteinen, Eisen, Magnesium, Kalzium und Zink verringert wird, können durch zu viel Phytinsäure im Körper folgende Symptome auftreten (Sarkhel et al. 202211):

  • Appetitlosigkeit
  • Blutarmut
  • Müdigkeit und Schwäche
  • Konzentrationsprobleme
  • Verminderte Immunfunktion
  • Knochenschwund
  • Skelettanomalien
  • Kwashiorkor-Syndrom
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Haarausfall
  • Potenzprobleme bei Männern

Weil die Nährstoffangaben nicht der tatsächlichen Aufnahme entsprechen, reduziere ich Lebensmittel mit Phytinsäure.

Während Amerikaner eine durchschnittliche Tagesdosis von 800 mg pro Tag aufnehmen, bleiben die meisten Europäer unter 400 mg täglich (Ellis et al. 198712).

Im Gegensatz dazu nehmen Menschen in Entwicklungsländern, die phyatreiches Getreide und Hülsenfrüchte angewiesen sind, bis zu 2.000 mg pro Tag zu sich (Frolich et al. 201913).

Sofern Menschen täglich hochwertige tierische Proteine und Fette, Retinol, Vitamin C, D, Magnesium und Zink zuführen sind bis zu 800 mg Phytinsäure pro Tag unbedenklich.

Menschen mit Mineralstoffmangel, Magen-Darm-Problemen oder Knochenschwund sollten tunlichst unter 400 mg pro Tag bleiben.

Lebensmittel mit viel Phytinsäure (Tabelle)

Getreide, Hülsenfrüchte, Ölsaaten und Nüsse sind die wesentlichen Nahrungsmittel, die hohe Mengen an Phytaten enthalten.

In den folgenden Tabellen findest du diese Lebensmittel mit viel Phytinsäure geördnet nach Gramm pro 100 g Trockengewicht (Gupta et al. 201314):

GetreidePhytinsäure g/100 g
Maiskeim 6,39
Weizenkleie 2,1-7,3
Weizenkeim 1,14-3,91
Reiskleie 2,56-8,7
Gerste 0,38-1,16
Sorghum0,57-3,35
Hafer 0,42-1,16
Roggen 0,54-1,46
Hirse0,18-1,67
HülsenfrüchtePhytinsäure g/100 g
Kidneybohnen 0,61-2,38
Erbsen 0,22-1,22
Kichererbsen 0,28-1,60
Linsen0,27-1,51
Erdnüsse0,17-4,47
ÖlsaatenPhytinsäure g/100 g
Sojabohnen 1,0-2,22
Leinsamen 2,15-3,69
Sesamsamen 1,44-5,36
Sonnenblumenmehl3,9-4,3
NüssePhytinsäure g/100 g
Mandeln0,35-9,42
Walnüsse0,20-6,69
Cahsewnüsse0,19-4,98

Phytinsäure neutralisieren

Die einfachste Möglichkeit die schädliche Wirkung von Phytinsäure zu reduzieren, ist die ihre Zufuhr aus Lebensmitteln einzuschränken.

Im Gegensatz zu vielen Entwicklungsländern können wir uns diesen Luxus erlauben. Dort sind Nahrungsmittel oft knapp und die Menschen sind gezwungen, Getreide und Hülsenfrüchte als Hauptnahrungsmittel zu konsumieren.

Nichtsdestotrotz gibt es auch Möglichkeiten, den Phytatgehalt in Nahrungsmitteln zu reduzieren.

Hier sind die Zubereitungsmethoden, die Phytinsäure teilweise neutralisieren können:

  • Einweichen: Getreide und Hülsenfrüchte werden oft über Nacht in Wasser eingeweicht, um Phytinsäure zu neutralisieren (Petroski et al. 202015). Die Ergebnisse dieser Methode sind jedoch nicht immer eindeutig (Shi et al. 201816).
  • Keimen: Wissenschaftler konnten durch Keimen erfolgreich den Phytatgehalt in Bohnen, Gerste und Roggen senken (Luo et al. 201217, Centeno et al. 200118).
  • Fermentation: Organische Säuren, die bei der Fermentation entstehen, neutralisieren Phytinsäure. So kann eine verlängerte Fermentation von Sauerteig Phytate um bis zu 90 % reduzieren (Lopez et al. 200119). Ebenso konnte die Fermentierung von eingeweichten ganzen Bohnen nach 48 Stunden zu einem Abbau von 88 % der Phytinsäure führen (Gustaffson et al. 199520).
  • Kochen: Das Kochen von Hülsenfrüchten kann deren Phytinsäuregehalt mit Ausnahme von Sojabohnen stark reduzieren (Shi et al. 201821). Auch beim Kochen ist die Kombination mit anderen Methoden wie dem Einweichen meist noch effektiver.
Bohnen sind Lebensmittel die Phytinsäure enthalten

Lebensmittel mit wenig Phytinsäure

Die besten Lebensmittel ohne Phytinsäure sind überwiegend tierischer Natur. Dieser Umstand hat mehrere Gründe, die vor allem im Zusammenhang mit etwaigen Nährstoffmängeln stehen.

Tierische Lebensmittel wie Fleisch enthalten Häm-Eisen, das in Pflanzen nicht vorkommt.

Nicht-Häm-Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln hat eine niedrige Bioverfügbarkeit, während der Körper Häm-Eisen effizient aufnimmt.

Und gerade die Absorption von Nicht-Häm-Eisen aus Pflanzen wird stark durch Phytate eingeschränkt, während das bei Häm-Eisen nicht der Fall ist (Peneau et al. 200822).

Darüber hinaus wird Zink aus Fleisch selbst in deren Gegenwart gut vom Körper aufgenommen (Sandström et al. 198923).

Aus diesem Grund sind Mineralstoffmängel, die durch Phytate verursacht werden, bei Fleischessern selten ein Problem.

Im Gegensatz dazu sind Mineralstoffmängel gerade in Entwicklungsländern problematisch, wo Vollkorngetreide und Hülsenfrüchte einen großen Teil der Ernährung ausmachen.

Deshalb macht es Sinn, den Verzehr von Getreide, Hülsenfrüchte, Ölsaaten und Nüssen zu reduzieren, wenn man nur wenig Fleisch und andere tierische Produkte isst.

Gute vegetarische Optionen, die diese phytathaltigen Lebensmittel ersetzen können, sind Kreuzblütler, Kohl- und andere grüne Gemüsesorten.

Brokkoli, Blumenkohl, Spargel oder Staudensellerie sind vergleichsweise nährstoffreich und arm an Antinährstoffen.

Fazit

Phytinsäure kann Verdauungsprobleme auslösen. Die weitaus bedenklichere Wirkung ist jedoch Mineralstoffmangel. Deshalb ist es insbesondere für Vegetarier sinnvoll, die Phytatzufuhr über die Nahrung zu reduzieren.

Gerade Getreide, Hülsenfrüchte, Ölsaaten enthalten auch andere Antinährstoffe, wie Oxalsäure oder Lektine, die das Saatgut natürlich schützen.

Deshalb rate ich, diese Lebensmittelgruppen und insbesondere Vollkorn im täglichen Leben zu meiden.

Eine weitere Möglichkeit ist es, Phytinsäure in Lebensmitteln durch Einweichen, Keimen, Fermentation und Kochen teilweise zu neutralisieren.

Die vermeintlich schädliche Mineralstoffbindung der Säure kann jedoch auch gesundheitliche Vorteile haben.

Phytate können auch toxische Mineralien binden und aus dem Körper entfernen. Aus diesem Grund wird die Säure auch therapeutisch eingesetzt, um Uran zu entfernen (Cebrian et al. 200724).

Die gleiche Fähigkeit, die Phytinsäure in die Lage versetzt, Uran aus Krebszellen zu entfernen, entzieht jedoch auch gesunden Zellen wichtige Mineralien und schadet ihnen.

Aufgrund ihrer antioxidativen Eigenschaften glauben manche Forscher dennoch, dass sie gegen Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt werden könnte (Silva et al. 201625).

Inositolhexaphosphat (IP6) aus Phytaten könnte zur Behandlung von Darmkrebs eingesetzt werden, wobei es noch an untermauernden Studien mangelt (Vucenik et al. 200326).

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was macht Phytinsäure im Körper?

Phytinsäure bindet Proteine und Mineralstoffe, wie Eisen, Magnesium, Kalzium und Zink, so dass sie der Körper nicht aufnehmen kann.

Was passiert, wenn man zu viel Phytinsäure zu sich nimmt?

Zu viel Phytinsäure kann zu Müdigkeit, Haarausfall, Knochenschwund, Konzentrations- und Verdauungsproblemen führen.

Wo ist viel Phytinsäure enthalten?

In Hülsenfrüchten, Getreide, Samen und Nüssen ist viel Phytinsäure enthalten.

Ist Phytinsäure in Haferflocken?

Ja, Haferflocken enthalten Phytinsäure.

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